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Der Kirchweihtermin von St. Pankratius

Bis März 2014 war der Text in der Version nachzulesen, die sich in einer „Zusatzinformation zur offiziellen Festschrift“: „Zusätzliche Informationen und Fakten zum 250-jährigen Jubiläum der Schwalbacher Pfarrkirche St. Pankratius“ von Richard Peters (September 2006, Seite 14) befindet.

Der hier mit Bezug auf den Schwalbacher Pfarrer Karl Lenferding (1923-1955) dargebotene lateinische Text ist allerdings eine fehlerhafte Abschrift des Originals, da die darin angegebenen Namen und ihre Schreibweise teilweise nicht stimmen. Beispielsweise heißt der erwähnte römisch-deutsche König und Kaiser des Heiligen Römischen Reiches von 1745-1765 nicht Franz I. Karl, sondern Franz I. Stephan. (Er war der Ehemann Maria Theresias von Österreich.) Zudem wird mit der lateinischen Sprache die italienische vermischt und auch die Interpunktion im Text ist eher willkürlich. Weiterhin ist ein nicht im Original befindlicher Einschub Pfr. Karl Lenferdings zu lesen, der auf einer falschen Terminberechnung beruht, denn der 21. Sonntag nach Pfingsten war im Jahr 1756 der 31. Oktober und nicht der 10. Oktober.

Die in Verbindung mit dem o.g. lateinischen Text veröffentlichte Übersetzung ist ebenfalls fraglich. Der Übersetzer kennt offenkundig nicht die in der Kirche gebräuchliche Bezeichnung „Heiliger Stuhl“ für den Mainzer Bischofssitz und auch die Bezeichnung „Suffraganbischof“ scheint ihm nicht geläufig. Sie war die Dienstbezeichnung des damals noch nicht so bezeichneten „Weihbischofs“ von Mainz, Christoph Nebel (1733-1769), Regionalbischof im Rheinischen Teil des Bistums Mainz, der im Auftrag des residierenden Erzbischofs von Mainz die Schwalbacher Kirche weihte. Erzbischof von Mainz und gleichzeitig Bischof von Worms war zu dieser Zeit im Übrigen der erwähnte Johann Friedrich Karl, geb. Graf Ostein (1756-1763), der als einer der sieben Kurfürsten im Frankfurter Dom den Deutschen Kaiser mit zu wählen hatte. In die Übersetzung ist eine extra hervorgehobene Behauptung eingefügt, wonach mit dieser Urkunde der Termin der jährlichen Kirchweih festgelegt sei.

Eine neue Abschrift und Übersetzung des dargebotenen lateinischen Textes (Original im Limburger Diözesanarchiv / Faksimile im Schwalbacher Pfarrarchiv) liegt nun durch den Diözesankonservator des Bistums Limburg, Prof. Dr. Matthias Theodor Kloft, vor. Sie lautet wie folgt:

„Text der Weihehnotiz

Taufbuch (Matricula) der Gemeinde Schwalbach ab 1724 S. 145:

Pro Memoria

Anno 1756, in Die Dominica 2da octobris, vigesima 7ma post

Pentecosten, Regnante Augustissimo Imperatore Francisco

primo, sub Eminentissimo Archiepiscopo Joanne Friderico

Carolo S[anctae] Sedis Moguntini archiepiscopo et Episcopo Wormatiensi

nato comite ab Ostein, Reverendissimus ac Doctissimus Dominus

Christopherus de Nebel, Episcopus Carphanaensis ac suffra=

ganeus Moguntinus Ecclesiam novam a Communitate

Swalbacensi sumptibus propriis iisque magni (magnis) aedificatam

Deo Optimo Maximo sub honore Sancti Pancratii

cum altari Maximo in choro, ex minoribus vero aliud

Sub honore B.M. Virginis, alterum S. Josephi dedicavit

ac solennitate maxima consecravit. Schwalbaci dies

Anniversaria ejusdem dedicationis jussu Reverendissimi

Episcopi Consecratoris in annos singulos celebrabitur

Dominica festum S. Archangeli Michaelis proxime

Insequente. Schwalbaci die 14ta octobris 1756.

In fidem

P[arochus] M[artinus] Sandlus [oder Sandler]

P[er] T[empore] Parochus ibidem

Übersetzung:

Zum Gedächtnis

Im Jahre 1756, am 2. Sonntag des Oktober (= 10. X. 1756), dem 27. nach Pfingsten, in der Regierungszeit des allerhöchsten Kaisers Franz I., unter dem ehrwürdigsten Erzbischof Johann Friedrich Karl, des Heiligen Stuhles von Mainz Erzbischof und Bischof von Worms, geborener Graf von Ostein, hat der hochwürdigste und hochgelehrte Herr Christoph von Nebel, Bischof von Kapharnaum und Suffraganbischof (eigentlich Weihbischof) die neue, von der Gemeinde Schwalbach aus deren eigenen (großen) Mitteln groß aufgebaute Kirche dem allerhöchsten und besten Gott zu Ehren des hl. Pankratius wegen des Hochaltares im Chor, und der Seligen Jungfrau Maria zum Einen und des hl. Josef zum Anderen wegen der Nebenaltäre zugeeignet und mit größter Feierlichkeit geweiht. Der Kirchweihtag dieser Zueignung soll auf Befehl des hochwürdigsten Herrn Konsekrators und Bischofs jedes Jahr auf den nächsten Sonntag, der dem Michaelsfest folgt, gefeiert werden.

Schwalbach am 14. Oktober 1756

Getreue [Abschrift]

P[farrer] .M[artin] Sandlus oder Sandler

Zur Zeit Pfarrer daselbst

Zur Zeit der Weihe 1756 war Johannes Stephan Hanck (1755-1757) Pfarrer von Schwalbach. Die Abschrift im Taufbuch wurde von seinem Nachfolger Pfarrer Michael Sandler (1757-1768) angefertigt. Diese scheinbare Unstimmigkeit ist somit auflösbar.

Die Datierungen in der Urkunde, sowie auch in der Übersetzung und Überlieferung von Pfr. Lenferding weisen allerdings Unstimmigkeiten auf, die wie Rätsel erscheinen.

1. Im Jahr 1756 war das Pfingstfest am 6. Juni und der 21. Sonntag danach war am 31. Oktober 1756! Der zweite Sonntag im Oktober war aber am 10. Oktober 1756. Wie kommt es zu dieser Diskrepanz in der ersten Zeile der Urkunde?

2. Das jährliche Kirchweihfest wird auf Geheiß des Weihbischofs weiter unten in der Urkunde „auf den Sonntag, der dem Michaelsfest folgt“ festgelegt. Wieso hat er diese Festlegung abweichend vom Weihedatum (10. Oktober) vorgenommen? Das Kirchweihfest wäre damit immer vor dem Weihedatum, und zwar nach dem Michaelstag am 29. September, zwischen dem 30. September und dem 6. Oktober zu feiern.

Dazu bedarf es einer Klärung des Termins, an dem im Jahr 1756 der Michaelstag war. Zwar hatte Papst Gelasius im Jahr 493 das Fest des Hl. Erzengels Michael auf den Weihetag der Michaelskirche an der Via Salaria in Rom am 29. September festgelegt, jedoch gab es in den folgenden Jahrhunderten auch andere Termine für den Michaelstag. Im alten Byzanz waren dafür die Termine 18. Juni, 27. Oktober und 10. Dezember gebräuchlich. Die Ostkirche begeht heute noch das Fest des Hl. Michael am 8. November. Zwei dieser Termine – der 8. November und vor allem aber der 27. Oktober – bieten sich geradezu an, den in der Weiheurkunde festgelegten Kirchweihtermin richtig zu verstehen. Denn dann wäre das jährliche Kirchweihfest direkt nach dem denkbaren Weihetermin am 31. Oktober zu begehen, am darauf folgenden Sonntag. Dieser könnte allerdings auch mit Allerheiligen oder Allerseelen zusammen fallen.

Eine denkbare Erklärung für einen Kirchweihtermin nach dem 29. September wäre allerdings die Verbindung des Michaelstags mit Erntebräuchen und –festen einerseits und mit Kirmes-Jahrmärkten andererseits. Einschlägige Werke der Liturgik und des kirchlichen Brauchtums belegen, dass der Festtag des deutschen Nationalheiligen St. Michael am 29. September – so in Deutschland seit der Mainzer Synode von 813 – verbunden war mit Jahrmärkten und Erntebräuchen. Eine Kirmes wurde dann in direktem Anschluss an das bäuerliche Erntefest gefeiert. (vgl. Lexikon für Theologie und Kirche)

Das Erntedankfest wurde später von beiden christlichen Kirchen, wohl um es besser feiern zu können, vom Michaelstag auf einen Sonntag verlegt. Die Protestantischen Kirchen legten dafür den Sonntag nach dem Michaelstag fest und die Katholische Kirche (wie auch unser Staat) den ersten Sonntag im Oktober. Nur wenn der 30. September ein Sonntag ist, ist das evangelische Erntedankfest an diesem Tag und das katholische / staatliche Erntedankfest am 6. Oktober. In allen anderen Jahren findet es am selben Tag statt.

Sofern sich die Definition der Weiheurkunde von St. Pankratius (s.o.) auf den 29. September bezieht, fällt nun das jährliche Kirchweihfest in Schwalbach in den meisten Fällen mit dem Erntedanksonntag zusammen. Das ist für die Kirmesfeier (Kerb) nach dem Gottesdienst kein Problem. Die beiden Anliegen – Erntedank und Kirchweih – lassen sich im Gottesdienst selbst aber kaum „unter einen Hut“ bringen. Deshalb wäre es denkbar, im Gottesdienst „Erntedank“ zu feiern und nur in Jubiläumsjahren stattdessen „Kirchweih“. Oder man feiert beides doch an zwei verschiedenen Sonntagen, wobei Kirchweih dann der Sonntag nach Erntedank sein könnte.

Dass diese Frage nicht neu ist, beweisen zwei Schriftwechsel zwischen Pfr. Karl Lenferding und dem Bischöflichen Ordinariat in Limburg aus den Jahren 1942 und 1949. Aufgrund einer Eingabe Pfr. Lenferdings vom 11.5.1942 bestimmt Generalvikar Göbel im Namen der Bistumsleitung mit Datum vom 19.9.1942 „dass in Schwalbach im Taunus die äussere Feier des Kirchweihfestes alljährlich am Sonntag innerhalb der Oktav des Kirchweihfestes, also am Sonntag nach dem 10. Oktober (falls der 10. Oktober ein Sonntag ist, an diesem Tag selbst) gefeiert wird.“ Sieben Jahre später allerdings „gestattet“ aufgrund eines Gesuches von Pfr. Lenferding vom 2.9.1949 Dr. Brand für das Bischöfliche Ordinariat Limburg mit Schreiben vom 11.10.1949, „dass die solemnitas externa des dortigen Kirchweihfestes wieder am Sonntag, der dem Feste des hl. Michael folgt, gehalten wird.“ Damit sind offenkundig beide Sonntage für die Feier der Kirchweih „gestattet“, der Sonntag nach St. Michael und der Sonntag am oder nach dem Weihetag am 10. Oktober.

Alexander Brückmann, 18. März 2014

Artikel verfasst: 26.03.2014, 16:37 Uhr

 

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